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Stellungnahme zum Film "Elternschule" Gelsenkirchen

Stellungnahme des Vorstandes und Beirats der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Psychosomatik (AGPPS) zum Film „Elternschule“ Gelsenkirchen

Der Film „Elternschule“ handelt von einer speziellen stationären Behandlung von Kindern mit schwerwiegenden Störungen, von Kindern und Familien in großer Not - nach langem Leidensweg und Ausschöpfung ambulanter und oft auch alternativer stationärer Behandlungsmöglichkeiten. Bei den betroffenen Familien ist kein wirkliches Miteinander mehr möglich, der Alltag ist schwer gestört. 

Die „Elternschule“ ist mitnichten ein Film über die richtige Erziehung von Kindern, ist keine Elternschule. Der Titel suggeriert ein pädagogisches Setting, in dem Eltern im Umgang mit ihren Kindern geschult werden sollen. Das ist nicht der Fall.

In der „Elternschule“ werden in einfühlsamer Weise Kinder mit Regulationsstörungen, Schlafstörungen, Essstörungen und exzessivem Schreien gezeigt. Ihre Behandlung findet in der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen in der dortigen Abteilung für Pädiatrische Psychosomatik unter Leitung von Dr. Kurt-André Lion (Kinder- und Jugendarzt) und Dietmar Langer (Dipl.-Psychologe, Psychotherapeut) statt. Es kommen wissenschaftlich anerkannte verhaltenstherapeutische, systemische und gesprächspsychotherapeutische Elemente zum Einsatz. Bei den gezeigten speziellen Störungsbildern konnte bereits andere Familien mit dem Behandlungsprogramm nachhaltig geholfen werden.

Die Kliniken in Deutschland, die sich Kindern mit oben genannten Störungsbildern und ihrer Familien annehmen, arbeiten mit unterschiedlichen wissenschaftlich anerkannten Verfahren, die orientiert an den Patienten und ihren Familien miteinander kombiniert werden. Es handelt sich dabei um analytisch/tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutische, systemische und humanistische Psychotherapieverfahren. Das therapeutische Vorgehen ist komplex und für Laien nicht unmittelbar nachvollziehbar. Die Eltern werden über das Vorgehen aufgeklärt, alle Behandlungsschritte werden erläutert. Für spezifische Störungsbilder (nichtorganische Schlafstörungen, frühkindliche Regulationsstörungen) geben Leitlinien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) Orientierung für Diagnostik und Therapie. Ein wesentliches Element der Behandlung ist der Aufbau tragfähiger und stabiler Arbeitsbeziehungen, die Kindern und Eltern Halt und Orientierung geben.

„Elternschule“ gibt einen für den Betrachter tiefen, aufwühlenden und zugleich verstörenden Einblick in das Leben der Kinder und ihrer Familien auf der Station. Unverstellt ist die Arbeit der an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen zu sehen. 

Das Filmteam handelt mit Feingefühl und Empathie, die Not der Kinder und ihrer Eltern wird nachvollziehbar dargestellt. Der Grundton ist betrachtend und nicht wertend. Mutig und doch gewagt werden sehr persönliche Momente gezeigt, die in der Regel der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.

Aber es bleiben Fragen: 

Der Schutz von Patienten, insbesondere von Kindern, ist ein hohes Gut. Ist in dem Film ausreichend Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte der Kinder genommen worden? 

Von einer ungeschützten öffentlichen Darstellung kindlichen und elterlichen Leidens ist dringend abzuraten. Vielmehr bedarf es eines sensiblen und geschützten Umgangs mit kranken Kindern und schwer belasteten Familien.

Hätte man voraussehen können oder müssen, dass der Film eine hoch emotionale Diskussion und ideologische Grabenkämpfe in Presse und sozialen Netzwerken auslösen wird und gar juristische Schritte eingeleitet werden? 

Das grundlegende Missverständnis ist und bleibt der Titel des Films „Elternschule“: gezeigt wird die komplexe Behandlung von Kindern mit schweren chronifizierten Regulationsstörungen, die keinesfalls mit der pädagogischen Anleitung zum richtigen Umgang mit Kindern verwechselt werden darf. Die vielen kritischen Kommentare in der Öffentlichkeit lassen den Schluss zu, dass es dem Film offensichtlich nicht in vollem Umfang gelungen ist, die Trennung zwischen Therapie und Pädagogik deutlich zu machen. Die Vorwürfe einer „Schwarzen Pädagogik“ oder gar von Kindesmisshandlung sind deshalb irreführend und tragen nicht zu einer dringend notwendigen Versachlichung der aufgeheizten Debatte bei. Keinesfalls helfen sie den erkrankten Kindern und ihren Familien. 

Eine versachlichte Diskussion kann aber dazu beitragen, gegenseitiges Verständnis zu wecken, Vorurteile abzubauen. Im günstigsten Fall profitieren davon die betroffenen Kinder, ihre Familien und die Behandler. Dies könnte einen kleinen Beitrag leisten zu einem respektvolleren Umgang miteinander, in einer sich zunehmend polarisierenden Gesellschaft.

Der Vorstand                                                                    

Guido Bürk                                           Dieter Kunert                                       Jochen Meister      

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